Bei “Ich habe eine Axt – Urlaub in den Misantropen” handelt es sich um eine Sammlung von Kurzgeschichten, in welchen Patrick Salmen einmal mehr wunderbar angenervt, sich an den Kopf fassend, brummig, boshaft und voller Spott über die absurden Alltäglichkeiten und die alltäglichen Absurditäten echauffiert. Diese hat er bei diversen Auftritten bereits mehrfach zum Besten gegeben, und nun kommt auch der daheimgebliebene Hörer in den Genuss der im Gegensatz zu seinen eher lyrisch angehauchten Büchern eher in gewöhnlicher Sprache vorgetragenen Erlebnisse und Gedankengänge.
Wirklich auf die Inhalte einzugehen, würde zu viel vorweg nehmen, daher sollte man alleine die Namen der Geschichten für sich sprechen lassen, beispielsweise: “Die unvergängliche Leichtigkeit der Jogginghose”, “Morgenstund hat Schrot im Mund”, “Eine kleine Ouvertüre der Belanglosigkeit”, “Katzenbabys und Riesenanakondas”, “Das Kohlenhydrat-Gesicht”, “Rostrotkupferbraunfastbronze”, “C’est la vie, Lethargie” oder “Senseo – die Ästhetik des Verfalls”.
Oftmals sagen diese Namen schon genug aus, dann allerdings führt Salmen seinen Leser beziehungsweise Zuhörer gern auch mal gnadenlos aufs Eis. Doch eines bleibt gleich: Seine menschendfeindliche, soziophobe und kontrastrierend stets charmant-sympathische Ausdrucksweise. Mit viel Sarkasmus, mit dem Fuß stets auf Schlipse tretend, herrlich verhasst und so trocken wie Wüstensand bei 50°C lässt er sich in oftmals köstlich weit hergeholter Form über die Banalitäten, Unnötigkeiten und Stupiditäten des Durchschnittsmenschen, über deren Oberflächlichkeit, geistige Beschränktheit, über ihre Lemminghaftigkeit und all das, was den Menschen hassenswert werden lässt, aus. Oftmals so sehr, dass offenbar nur noch die Axt als einziger Ausweg zu existieren scheint. Doch letztendlich ist Salmen dann doch wieder ein wahres Schätzchen – oder wie es andernorts zu lesen ist, ein Sonnenscheinchen.
Zwar hätte man sich – gerade wo Salmen als Poetry-Slammer ja primär Bühnenmensch ist – eher eine Livelesung gewünscht, doch auch als Hörbuch, ohne das Publikum im Hintergrund, funktioniert “Ich habe eine Axt” gut. Man muss sich zwar erst an die mumpfige Art des Vortragens gewöhnen, doch sobald man sich in Salmen hineingefühlt hat und ihn Stück für Stück mehr versteht, erwischt man sich nach kurzer Zeit selbst beim Comisanthropieren.
Selten war Menschenhass so schön.
Cover © argon Verlag
- Autor: Patrick Salmen
- Titel:
Ich habe eine Axt – Urlaub in den Misantropen - Label: argon Verlag
- Erschienen: 05/2014
- Sprecher: Patrick Salmen
- Spielzeit: 4:03 Stunden auf 3 CDs
- ISBN: 978-3-8398-1331-7
- Sonstige Informationen:
Buchversion erschien bei Droemer-Knaur
Produktseite
Wertung: 12/15 dpt
Herrlich, einfach herrlich. Du beschreibst Salmen einfach gnadenlos direkt und genau so wie ich ihn auch sehe. Am besten fand ich ja deinen Schlusssatz: Selten war Menschenhass so schön. Auf den Punkt, aber haargenau. Zu gerne würde ich Salmen ja mal wirklich live erleben.
Lieben Gruß, Hannah